Der 15. November wurde vom UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) als der Tag prognostiziert, an dem der achtmilliardste Mensch auf der Erde – einem endlichen Planeten mit begrenzten Ressourcen – geboren wird. Das führt dazu, dass der Weltüberlastungstag immer früher erreicht wird. Längst ist er im Juli, nicht wie vor gar nicht so vielen Jahren erst im Dezember. Nie zuvor ist die Menschheit so schnell gewachsen. Die Kämpfe um Wasser, Nahrung, Energie und andere Ressourcen nehmen laufend zu – aber was interessiert uns das in Deutschland? Vor allem hier in Bayern ist doch alles noch in Butter! Die menschlichen Geburtenraten sind entscheidend für das Überleben von Tieren, Pflanzen und Menschen, aber was kümmert das ein heterosexuelles Paar in den westlichen Industrienationen, dem im Lockdown halt bisschen langweilig war? Spaziert man als 42-Jährige durch Regensburg, ist man gefühlt die einzige Frau in diesem Alter, die keinen Kinderwagen (in der Regel absolut monströse Ungetüme aus Unmengen Plastik) vor sich herschiebt und kein größeres Kind oder gar zwei oder drei zusätzlich im Schlepptau hat, wobei natürlich alle unschuldigen Passanten akustisch mitbekommen müssen, dass man pro forma lautstarke Erziehungsversuche unternimmt. Auch auf der aktuellen Klimakonferenz interessiert der wichtigste und größte Beitrag zum Umweltschutz wie schon gewohnt natürlich nicht.

Die IPAT-Formel, nach welcher der Impact nun einmal aus Population, Affluence und Technology besteht, ist ja noch nicht mal bis zu den SZ-Journalist:innen durchgedrungen…

Dabei ist es eine Sache, den Klimawandel zu verursachen, den der Globale Süden ausbaden darf. Eine andere ist es, so zu tun, als wäre das Problem der Reproduktion in Deutschland kein Thema, obwohl allein in Bayern 62 000 Kita-Plätze fehlen (BR, 20.10.)! Nicht nur Personal werde gebraucht, auch Fläche – wer vermisst schon Wiesen, Feldhamster usw.? Wie wäre es dann mal mit der augenfälligsten und sinnvollsten Lösung – einer Reduktion des Nachschubs?! Aber nein, ganz im Gegenteil! Die deutsche Politik fördert weiterhin in unnachahmlicher Blauäugigkeit – man könnte auch sagen, in provozierend dummdreister Penetranz – den Ruin des gesamten Planeten, indem das Kindergeld 2023 sogar nochmal angehoben werden soll! Wie hoch soll das eigentlich noch werden? Eine anglophone Freundin schlug vor, ich solle hierzu eine Satire schreiben, das wäre ja nicht mehr zu glauben… Klar, in England bekommt man für das zweite Kind weniger Geld, nicht mehr! Dieses Modell brauchen wir auch für Deutschland, dringendst.

Dazu passt, dass die Feindschaft gegen den weiblichen Körper allerorts bizarre Blüten treibt. Dennoch – die Frauen im Iran brauchen weit mehr als nur das Recht, ihre Haare offen zeigen zu dürfen. Sie müssen zudem von der Zwangsmutterschaft befreit werden – genau wie Frauen hierzulande und überall auf der Welt, denn das patriarchale Dogma, nachdem sich der Wert einer Frau danach bemisst, wie oft sie sich schwängern ließ und idealiter Söhne zur Welt brachte, ist nicht nur in bestimmten Ländern und Religionen lebendig, sondern auch in Deutschland.

Es reicht nicht, sich zu sterilisieren, abzutreiben, die Pille zu nehmen – mit einem Wort lauter den weiblichen Körper schädigende Prozeduren mitzumachen. Es gilt, weltweit endlich die Männer in die Pflicht zu nehmen. Da schlug PETA kürzlich vor, Männern Sexentzug zu verpassen, wenn sie ihren Fleischkonsum nicht zurückfahren – wie wäre es stattdessen/zusätzlich mit Sexentzug, wenn sie weiterhin so tun, als wäre Verhütung reine Frauensache? Als wären Kondome seltsame Objekte, die Kinder aufblasen, um damit Luftballon zu spielen? Als wäre die Vasektomie beim Mann nicht ein wesentlich kleinerer, harmloserer Eingriff als bei der Frau?

Die Regentschaft einer Meloni und ihre Personalentscheidungen bedeuten für Frauen in Italien zappendustere Zeiten; schließlich ist die neue Staatschefin dafür bekannt, bei Anti-Abtreibungs-Veranstaltungen aufzutreten und zu geifern, bis ihr der Schaum vor dem Mund steht.

Zum Glück haben wir aber noch das progressive Ausland. Ein Blick in die ausländische Presse zeigt, dass in Kanada die 8 Milliarden thematisiert werden, ebenso in den USA, in Großbritannien, aber auch in Frankreich, Spanien und Rumänien.

https://www.upday.com/fr/face-a-lexplosion-demographique-ils-renoncent-aux-enfants-pour-sauver-le

Das Tätervolk hingegen, das schon vor Jahren Pornoweltmeister war, hält auch in der Medienlandschaft und der öffentlichen Diskussion einen weiteren traurigen Rekord: das Feiern der deutschen Herrlichkeit, das absichtliche komplette Ausblenden der politischen und ökologischen Lage, um sich ohne schlechtes Gewissen auch 2022 noch reproduzieren zu können, damit es auch ja genügend deutsche Trottel gibt, die Herrn Musks wundervolle Produkte kaufen.

Sich als Deutsche fortzupflanzen, ist zynisch gegenüber allen Menschen, die im Trikont leben und deren ökologischer Fußabdruck winzig ist, ist zynisch gegenüber den Tieren, die unseretwegen aussterben und ist nicht zuletzt schlichtweg von unfassbarer Dummheit, da wir unsere eigenen Lebensgrundlagen heillos überlasten und letztendlich zerstören.